Junge Volljährige

 

KONZEPT

 

„Junge Volljährige“

 

als Zielgruppe der

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Gliederung

 

  1. Zielgruppe „Junge Volljährige“

 

  1. Rechtliche Grundlagen / gesetzlicher Auftrag

 

  1. Junge Volljährige unserer Zeit
    • Generation „Z“
    • Einfluss der Medien
    • Familie / Familienplanung
    • Peergroup
    • Schule / Ausbildung / Beruf

 

  1. Geschlechtsspezifische Anforderungen
    • Junge Frauen
    • Junge Männer
    • LGBTI*

 

  1. Angebote der „KistE“
  1. Zielgruppe „Junge Volljährige“

 

Es ist nun schon geraume Zeit her, dass auf einem abschließenden Fachtag zur neuen  Rahmenkonzeption der OKJA u.a. das Thema „Junge Volljährige“ als einer der Punkte zur weiteren künftigen Bearbeitung definiert wurde.

In der FZSt. „KistE“ des Kath. Jugendsozialwerks hat sich das Team seither mit diesem Thema befasst. Die Ablösung von Besucher*innen nach Vollendung des 18. Lebensjahres gestaltete sich zunehmend schwieriger. Bei näherer Betrachtung fiel auf, dass viele junge Volljährige in der „KistE“ noch keine Ausbildung abgeschlossen oder noch gar keinen Ausbildungsplatz ihrer Wahl gefunden haben. Darüber hinaus wohnen nahezu alle Besucher*innen dieser Altersgruppe noch zu Hause bei den Eltern, da ihnen u.a. die katastrophale Wohnraumsituation in München eine Verselbständigung unmöglich macht.

Die wichtigste Konsequenz war, den Übergang ins „Erwachsenenleben“  zu begleiten und uns dazu auf die Altersgruppe Ü17 bis U21 zu konzentrieren.

 

  1. Rechtliche Grundlagen / gesetzlicher Auftrag

 

Nach §7 SGB VIII ist junger Mensch, wer noch nicht 27 Jahre …

Junge(r) Volljährige(r), wer 18, aber noch nicht 27 Jahre alt ist.

Nach Art. 38 GG erlangen junge Volljährige volle Strafmündigkeit + Geschäftsfähigkeit.

Nach §2 BGB entspricht Volljährigkeit der „Mündigkeit“.

Einschränkungen:

  • Eltern haben noch Mitspracherecht bei „Selbstgefährdung“
  • Unterhaltspflicht bis zum Ende der Ausbildung

Richter*innen haben „Ermessensspielraum“ im Strafrecht bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres.

Mit Vollendung des 18. Lebensjahres wird sowohl das aktive als auch das passive Wahlrecht erworben.

Nach §41 SGBVIII soll „einem jungen Volljährigen Hilfe für die Persönlichkeitsentwicklung und zu einer eigenverantwortlichen Lebensführung gewährt werden“. „Die Hilfe wird in der Regel nur bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres gewährt“.

Die deutsche Staatsangehörigkeit kann nach mind. 8 Jahren Aufenthalt oder nach mind. 6 Jahren in einer deutschen Schule beantragt werden.

Voraussetzungen:

  • deutsche Sprachkompetenz entsprechend B1
  • Einbürgerungstest, oder…
  • Schulabschluss, oder…
  • Berufsausbildung
  • Keine Verurteilung einer Straftat

Mehrfachstaatsangehörigkeit ist in den meisten Fällen mittlerweile möglich.

 

 

  1. Junge Volljährige (JV) unserer Zeit

 

Die Anforderungen an das Individuum, einen eigenen Lebensentwurf zu gestalten,

nimmt aufgrund der vielfältigen Möglichkeiten in der heutigen Zeit zu.

Heutige JV wollen dies, verfügen aber häufig nicht über die notwendigen Mittel. Die

Ablösung von der Herkunftsfamilie wird bei begrenztem verfügbarem Wohnraum

schwieriger, verzögert sich. Übergänge haben sich verlängert.

Lt. dem 15. Kinder- und Jugendbericht der Bundesregierung haben sich „die Rahmenbedingungen des Aufwachsens und die generationsspezifische Lage der Jugendlichen in den letzten 20 Jahren deutlich verändert“. Jugend ist demnach „nicht mit dem Erreichen der Volljährigkeit abgeschlossen, sondern dehnt sich bis ins dritte Lebensjahrzehnt hinein aus“. JV wollen keine Jugendlichen mehr sein, fühlen sich aber noch längst nicht der Erwachsenenwelt mit ihren verfestigten Rollen- und Organisationsstrukturen zugehörig. Dabei sehen sie sich drei zentralen Kernherausforderungen gegenüber: Selbstpositionierung, Verselbständigung und Qualifizierung.

3.1. Generation „Z“

 

Der „Generation Z“ werden diejenigen zugerechnet, die zwischen 1995 und 2015

geboren wurden.

Lt. einer Shell-Studie legen Mitglieder dieser Generation besonderen Wert auf

Selbstverwirklichung und persönliche Entwicklung. Sie streben nach einer Tätigkeit,

die ihnen Freude bereitet. Die Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Hobbies spielt

eine große Rolle. Sie wünschen sich unbefristete Verträge, geregelte Arbeitszeiten

und klare Strukturen im Beruf. Ständige Erreichbarkeit und Überstunden lehnen sie

ab.

3.2. Einfluss der (neuen) Medien

 

Die heutigen JV sind mit neuen Medien aufgewachsen, werden als „Digital Natives“

bezeichnet. Sie zählen zu den Vertretern der „Generation Internet, Smartphone und

Social Media“. Dies muss nicht voraussetzen, dass diese Altersgruppe

Handlungskompetenz besitzen.

So wissen JV häufig nicht, wie verschiedene Programme, die zum Teil für den

Arbeitsalltag benutzt werden, bedient werden. Dabei ist die komplette Aneignung

von Medienkompetenz eine Voraussetzung für das Leben in einer digitalen Welt.

Medienarbeit in der OKJA ist eng mit Kulturarbeit verbunden. Der Grundgedanke

einer handlungsorientierten Medienpädagogik ist es, jungen „Menschen die

erforderlichen Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnisse für einen selbstbestimmten,

kritischen und produktiven Umgang mit technischen Medien zu vermitteln“.

Ein „selbstbewusster Mediennutzer“ sollte in der Lage sein, die „vielfältigen

kommunikativen und partizipativen Potentiale der neuen Medienkultur … aktiv,

flexibel und reflektierend zu  nutzen“.

Aufgabe der OKJA muss es sein, bei JV (außerhalb des Jugendmedienschutzes) ein

kritisches Hinterfragen von z.B. pornografischen, populistischen, gewaltverherrli-

chend und/oder rechtsextremen Medieninhalten zu erzeugen und eine sozial

verantwortliche Teilhabe zu unterstützen. Dazu gehört auch, JV darin zu unter-

stützen sich gegen den digitalen Stress des „always on“ zu wehren.

Die sozialen Netzwerke sind virtuelle Gemeinschaften, in denen zum eine

Seblstdarstellung stattfinden kann, zum anderen schnell andere Menschen mit den

selben Interessen gefunden werden können.  Wichtig ist, einen möglichst „safen“

Umgang mit persönlichen Daten zu praktizieren – „das Internet vergisst nicht“.

 3.2. Familie / Familienplanung

 

Die Familie ist für viele JV ein wichtiger Bestandteil ihres Lebens. Die Hälfte der 18 bis

25jährigen befinden sich noch oder wieder in einer Ausbildung oder Umschulung.

Aufgrund geringer finanzieller Mittel und hoher Lebenshaltungskosten ziehen JV

immer später aus dem Elternhaus aus. Sie bekommen von ihren Eltern weiterhin

materielle, soziale und emotionale Unterstützung. Sie unterstützen aber auch

ihrerseits ihre Eltern und sind somit umso mehr gefordert.

Zwei Drittel der JV wünschen sich selbst irgendwann Kinder. Dabei ist der eigene

Kinderwunsch umso größer, je besser das eigene Verhältnis zu den Eltern empfunden

wird.

Etwa ein Drittel der JV zwischen 18 und 21 Jahren hat eine feste Partnerschaft.

Abweichungen davon nach oben oder unten können mit dem religiösen Hintergrund zu

tun haben.

 3.4. Peergroup

 

Freunde und Cliquen sind neben der Familie die zweite wichtige Bezugsgröße im Übergang zum Erwachsenwerden. Sie unterstützen sich gegenseitig und tauschen sich aus.

JV legen wieder mehr Wert auf die Unterscheidung zwischen „Freunde“ und „followers“. Der direkte, verlässliche und zugängliche Kontakt gewinnt wieder zunehmend an Bedeutung. JV brauchen die Sicherheit, auf zusätzliche verlässliche Ressourcen außerhalb der Familie zugreifen zu können. In einer immer komplexeren, „modernen“ Welt kommt „alten“ Werten neue Bedeutung zu.

 3.5. Schule / Ausbildung / Beruf

 

Heutzutage verbringen Kinder, Jugendliche und auch JV den Großteil ihres Lebens in Bildungseinrichtungen. Der Übergang Schule / Beruf wird wieder länger.

Pronzentual steigt der Wunsch JV, ein Studium einer Berufsausbildung vorzuziehen und einen höheren Bildungstitel zu erwerben als die Elterngeneration. Dabei hat die soziale Herkunft der Eltern und ihr Bildungsniveau einen großen Einfluss auf den Bildungserfolg. Klar ist, dass JV mit höherem Bildungsabschluss allgemein erfolgreicher auf dem Arbeitsmarkt sind.

JV haben vielfältige Entwicklungsaufgaben wie Ablösung vom Elternhaus, Ausprobieren von Partnerbeziehungen oder Entwicklung eigener Wertevorstellungen zu bewältigen. Fällt in dieser Phase die Unterstützung durch die Eltern oder anderer Bezugspersonen weg, wird die Bewältigung schulischer und beruflicher Anforderungen besonders schwer.

Die heutigen JV wünschen sich eine gute Work-Life-Balance. Ihnen ist der Spaß am Job oft wichtiger, als ein hohes Gehalt.

 

 

  1. Geschlechtsspezifische Anforderungen

 

Die Geschlechtsthematik wirkt auf allen Ebenen auf den Menschen in der modernen Gesellschaft ein. Sie stellt sich als Bewältigungsproblematik in jedem Alter dar.

Geschlechtsspezifische Bewältigungsmuster zeichnen sich besonders in instabilen Lebenslagen ab.

4.1.   Junge Frauen

 

Vor allem in familiärem Kontext wird von Töchtern oft erwartet, dass sie Zurückhaltung

üben und den an sie gestellten Erwartungen problemlos entsprechen.

Töchter erleben ein ambivalentes Erziehungsverhalten ihrer Eltern, zwischen Schutz

und Kontrolle. Dadurch fällt ihnen die Verselbständigung schwerer.

Die Jugendzeit ist für die Zielgruppe von großer Bedeutung, da sich das positive

Selbstbild sowie die innere Stärke der jungen Frauen durch den Zugang zu

Jugendkulturen herausbildet. Die frühe soziale Belastung fällt dadurch aber nicht weg.

Vor allem den jungen Frauen wird in der Familie zu viel Verantwortung aufgetragen.

Dadurch wird die Ablösung von der Familie umso schwerer.

Junge Frauen repräsentieren die Veränderung des Wertekanons besonders deutlich.

So halten 77% der weiblichen JV gegenüber von nur 66% ihres männlichen Äquivalent

Für wichtig, sich umweltbewusst zu verhalten. Bei dem Thema „soziale Orientierung“

verhält es sich 67% zu 56%. Junge Frauen sind weniger materialistisch, jedoch genauso

zielstrebig wie junge Männer.

 4.2.   Junge Männer

 

Junge Männer sind in ihrem inneren Selbst stark an das „Außen“ gebunden und sind

dadurch stärker sozialer Desintegration ausgeliefert. Trotzdem erhalten Männer eher

soziale Aufmerksamkeit als junge Frauen.

Junge Männer stehen in der Übergangsphase des Erwachsenwerdens unter besonderem Druck. Sie sehen sich oft (und werden gesehen) immer noch in der Rolle, ihre Familien (einschließlich Partnerin) „ernähren“ zu müssen. In einer Phase, in der sie sich erst selbst finden müssen, führt dies häufig zu Verunsicherung.

4.3. LGBTI*

 

Lt. Einschätzung von Fachkräften der Jugendhilfe in München haben knapp 70% der Jugendlichen eine negative Grundhaltung gegenüber LGBTI* – Menschen. Dies dürfte bei JV kaum anders sein.

Es gilt, auch in der Arbeit mit JV die Prinzipien, welche unter dem Label „Offen für ALLE“ für die OKJA entwickelt wurden, umzusetzen. Gerade JV mit LGBTI*-Hintergrund benötigen Unterstützung und Begleitung in die Erwachsenenwelt.

 

 

  1. Angebote der „KistE“

 

  • Beziehungsarbeit / Begleitung
  • Öffnungszeiten

(begleitete) Selbstöffnung

länger geöffnet

  • Angebote

Selbstorganisation (z.B. MikroProjekte)

Demokratische Bildung (z.B. Wahlrecht)

  • Praktische Lebenshilfe

Wohnungssuche

Bewerbungen

Ausbildung

Führerschein

  • Beratungsangebote

Partnerschaft / Sexualität

Familienplanung

Staatsbürgerrecht

Strafrecht

Wohnen

  • Kompetente Weitervermittlung

Aktuelle Materialien

Gezielte Fortbildung

Multiplikatorensystem